54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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Ausgabe Nr. 11 Monat Dezember 2004
Notstand: einbetoniert ... oder doch: Extra Ecclesiam salus est?


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Schauplatz Koeln - der Fall Abbe Reiling


Ausgabe Nr. 8 Monat Oktober 2004
Open Letter to most Reverend Bishop M. Pivarunas


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2003
Offener Brief an H.H. Prof. Dr. August Groß


Ausgabe Nr. 3 Monat Juni 1971
Zur Frage der Gültigkeit der heiligen Messe


Ausgabe Nr. 2 Monat Mars 2002
In Search of lost unity (engl/spa)


Ausgabe Nr. 2 Monat Mars 2002
ES MONSEÑOR LEFEBVRE UN OBISPO ORDENADO VALIDAMENTE


Ausgabe Nr. 8 Monat December 2002
Is Mgr. Lefebvre a validly consecrated bishop?


Ausgabe Nr. 2 Monat Juni 2001
Auf der Suche nach der verlorenen Einheit


Ausgabe Nr. 2 Monat Juni 2001
Offener Brief an H.H. P. Perez


Ausgabe Nr. 4 Monat September 2001
Anmerkungen zum Briefwechsel mit H.H. Pater Perez


Ausgabe Nr. 4 Monat Nov.-Doppel-Nr.4/5 2000
Econe ante portas - notwendige Klarstellungen


Ausgabe Nr. 4 Monat Nov.-Doppel-Nr.4/5 2000
WAR MGR. LEFEBVRE EIN GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?


Ausgabe Nr. 7 Monat März 2001
Korrektur zu: Zum Problem einer möglichen Papstwahl


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1999
Leserbrief Zum Problem, ob eine Bischofsweihe per saltum erfolgen darf


Ausgabe Nr. 4 Monat Oktober 1998
Zum Problem der Clerici vagantes u. der Theologenausbildung


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1993
ZUM PROBLEM DER INTENTIONALITÄT BEI DER SPENDUNG DER SAKRAMENTE


Ausgabe Nr. 3 Monat September 1993
Der theologische Standpunkt der CMRI


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 1993
WARNUNG VOR EINEM ANGEBLICHEN BISCHOF


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 1993
WARNUNG


Ausgabe Nr. 5 Monat Februar 1994
Offener Brief an Herrn Jean-Gerard Roux


Ausgabe Nr. 5 Monat Februar 1994
BISCHOFSWEIHE IN ANFÜHRUNGSZEICHEN


Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
Sukzessionsliste von Bischof Georg Schmitz / Villingen


Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
Sukzessionsliste von Bischof Werner Schneider / Köln


Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
CLOQUELL ZUM BISCHOF KONSEKRIERT ?


Ausgabe Nr. 5 Monat März, Doppelnr. 5-6 1996
HINWEIS


Ausgabe Nr. 1 Monat Mai 1994
WARNING REGARDING A SUPPOSED BISHOP


Ausgabe Nr. 2 Monat Juli 1994
MGR. DOLAN IM GESPRÄCH MIT REV. FR. PUSKORIUS


Ausgabe Nr. 2 Monat Juli 1994
IST MGR. LEFEBVRE EIN GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?


Ausgabe Nr. 3 Monat September 1994
HABEMUS PAPAM?


Ausgabe Nr. 3 Monat September 1994
Was will und beabsichtigt Bischof Oliver Oravec?


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1992
MITTEILUNGEN DER REDAKTION


Ausgabe Nr. 3 Monat August 1992
ZUM TODE VON MGR. GEORGE MUSEY


Ausgabe Nr. 5 Monat Dezember 1992
DAS ANGLIKANISCHE DRAMA ODER: ANMERKUNGEN ZU DEN NEUEN WEIHERITEN


Ausgabe Nr. 6 Monat Februar-März 1993
Erklärung zu den von Mgr. Lefebvre gespendeten Weihen


Ausgabe Nr. 1 Monat Mai 1991
ZUM TODE VON MGR. LEFEBVRE


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 1991
IN ERINNERUNG AN BISCHOF MOISÉS CARMONA RIVERA


Ausgabe Nr. 4 Monat Oktober 1988
ZUR PERSON VON MGR. MARCEL LEFEBVRE


Ausgabe Nr. 4 Monat Oktober 1988
OFFENER BRIEF AN MGR. MUSEY BETREFFEND DIE KONSEKRATION VON MGR. MAIN


Ausgabe Nr. 3 Monat August 1984
ZUR BISCHOFSWEIHE VON MGR. GÜNTHER STORCK


Ausgabe Nr. 6 Monat Februar 1984
BERICHT AUS BRÜSSEL


Ausgabe Nr. 6 Monat Februar 1984
IST MGR. LEFEBVRE EIN GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?


Ausgabe Nr. 4 Monat Oktober 1981
MITTEILUNGEN DER REDAKTION


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DAS SAKRAMENT DER AUFNAHME IN DIE PFARRKARTEI


Ausgabe Nr. 11 Monat Februar 2007
Y seréis como Dios (Gn. 3, 5)


Ausgabe Nr. 11 Monat Februar 2007
And thou wilt be like God (Gen. 3,5)


Ausgabe Nr. 2 Monat April 2007
Mitteilungen der Reaktion


Ausgabe Nr. 9 Monat Dezember 1972
Sorge um die eucharistischen Gestalten


Ausgabe Nr. 11 Monat Mai 1984
Is Mgr. Lefebvre a validly consecrated bishop?


Ausgabe Nr. 13 Monat Oktobre 1984
QUE PENSER DE LA MISE AU POINT DE M. ALPHONSE EISELE?


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EL PROBLEMA DE LA RESTITUCION DE LA JERARQUIA CAT. 1.Cont


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Ausgabe Nr. 2 Monat März 2024
Mitteilungen der Redaktion


Ausgabe Nr. 3 Monat März 2024
Meine Begegnung mit S.E. Erzbischof Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc


Ausgabe Nr. 3 Monat März 2024
My Time with His Excellency, Archbishop Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc


Ausgabe Nr. 3 Monat März 2024
Ma rencontre avec S.E. Mgr. Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc


Ausgabe Nr. 3 Monat März 2024
Mi encuentro con Su Excelentísimo y Reverendísimo Arzobispo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc


Ausgabe Nr. 3 Monat März 2024
Il mio incontro con S.E. l´Arcivescovo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc


Auf der Suche nach der verlorenen Einheit
 
Auf der Suche nach der verlorenen Einheit -
zum Problem des 'inneren Schismas'

von
Eberhard Heller

Die an den Buchtitel von Marcel Proust ("Auf der Suche nach der verlorenen Zeit") erinnernde Überschrift soll als Thema eine Rückbesinnung markieren. Sie kann in der jetzigen Situation hilfreich sein, verlorenes Terrain zurückzuerobern, wenn man über die religiös/kirchlichen Alltagsprobleme hinaus noch daran denkt, in welch schwieriger Lage wir uns alle zusammen befinden. Diese hat zu einem kirchlichen Fatalismus geführt, der täglich spürbarer wird: man ist gleichsam eingepfercht im eigenen Meßzentrum, kontakt- und perspektivlos, was den Wiederaufbau der Kirche, was sogar den Aufbau gemeindlicher Strukturen betrifft. Was haben wir falsch gemacht? Lassen sich die begangenen Fehler beheben? Sind wir bereit, unsere eigenen Einstellungen zu revidieren? Aber nicht nur wir katholische Christen, die von sich - teils vollmundig - behaupten, die wahren Christen zu sein, nein, die westliche Gesellschaft insgesamt steckt in einer tiefen geistigen Krise, die selbstverständlich auch auf unsere kirchliche zurückwirkt.

Man mag das Fehlen von Autorität und Führung unter den katholischen Christen, die vorgeben, der Kirche Jesu Christi treu bleiben zu wollen, als lähmend kritisieren - häufig wird sogar der Dissenz von denen am lautesten beklagt, die ihn durch ihre Geltungssucht und Disziplinlosigkeit erst verursacht haben -, dann sollte man sich aber im klaren sein, daß der Mangel an pastoral-kirchlicher Kooperation und Führung hauptsächlich bei denen zu finden ist, deren Aufgabe es als Seelsorger eigentlich wäre, der Herde als Hirten vorzustehen und die geistliche Autorität auszuüben, die ihnen durch die Übernahme des priesterlichen/bischöflichen Amtes verliehen wurde... zum Wohl der Gesamtkirche und nicht bloß zum Sakramentenausteilen in einer sektiererischen Nischengemeinde.

Eine besonders gravierende Fehleinstellung zu dem übernommenen Amt hat sich bei einer Reihe von Bischöfen (ohne Anführungszeichen) bezüglich unserer Bemühungen um den Wiederaufbau der Kirche als Heilsinstitution als besonders verheerend ausgewirkt: die Auffassung nämlich, daß die durch die Weihe erhaltenen Vollmachten in bloß persönlicher Verfügung stünden, die den Inhaber dazu berechtigten, zum Bischof zu konsekrieren, wen er so gerade wolle. Aus dieser Fehleinstellung hat sich dann eine gravierende Fehlentwicklung in unseren Reihen ergeben.

Nicht umsonst ist die Weihe (und die Ernennung - vgl. CIC, Kanon 329 § 2) von neuen Bischöfen dem Papst vorbehalten, weil hiervon die Existenz und die hierarchische Struktur der Kirche in ihrer Gesamtheit betroffen sind, weshalb sie zentral gesteuert werden müssen. Das CIC von 1917 schreibt in Kanon 953 verbindlich vor: "Die Erteilung der Bischofsweihe ist dem Papst reserviert. Ohne besonderen päpstlichen Auftrag darf also niemand die Bischofsweihen spenden." 1) Zuwiderhandlungen werden normalerweise zu Recht als Rebellion gegen die höchste Autorität und gegen die Einheit der Kirche und als schismatische Akte angesehen und mit Sanktionen belegt 2).

Als Mgr. Ngô-dinh-Thuc die ersten Bischöfe ohne förmliches päpstliches Mandat - wegen des unbesetzten apostolischen Stuhls - konsekrierte (Pater Guerard des Lauriers am 14.5.1981, die PP. Carmona und Zamora am 18.11.1981 - also vor 20 Jahren), geschah das ausschließlich, um die gefährdete apostolische Sukzession zu retten. Die mit der Vakanz und - durch sie bedingt - die Notwendigkeit, ohne päpstliches Mandat zu konsekrieren, verbundenen Probleme wurden ausführ-lich in der Folgezeit diskutiert, auch im Hinblick auf die damalige gesamt-kirchliche Situation. 3) Dennoch wurde von verschiedenen Seiten (von bloßen Traditionalisten, was aber noch gefährlicher war: von bestimmten Legalisten) der Vorwurf erhoben, Mgr. Ngô-dinh-Thuc, ebenso die zu Bischöfen geweihten Patres handelten schismatisch. Die eigentliche Begründung für das Fehlen des päpstlichen Mandats wurde schließlich in der DECLARATIO über die Sedisvakanz vom 28.2.1982 offiziell von Mgr. Ngô-dinh-Thuc selbst geliefert.

Von verschiedenen Seiten wurde (und wird bis heute) die Forderung erhoben, die DECLARATIO hätte vor den Weihen veröffentlicht werden müssen, weil erst von der Einnahme dieser Position aus die Weihen als gerechtfertigt betrachtet werden könnten. Personen, die so argumentieren, unterstellen, daß die Position des Erzbischofs zur Zeit der ersten Konsekration von der zum Zeitpunkt der Abfassung der DECLARATIO differiert hätten. Diese Auffassung kann man nicht gelten lassen: be-reits bei unserem ersten Besuch bei Mgr. Thuc zusammen mit dem später verstorbenen H.H. Dr. Katzer, der sich als erster Kandidat für eine Weihe zur Verfügung gestellt hatte, war über die Sedisvakanz, über die gefährdete apostolische Sukzession und die Verfälschungen der hl. Messe ausführlich diskutiert und die Positionen abgestimmt worden. Und nur auf dieser Basis wurden die nachfolgenden Weihen gespendet.

Zum anderen ließen die konkreten Umstände keine andere Lösung zu, als diese geheim durchzuführen. (Man denke in diesem Zusammenhang nur an die übereilte Flucht des Erzbischofs nach Deutschland, weil er zu Recht Verfolgungen befürchtete, nachdem die Bischofsweihen durch P. Barabara an die Presse verraten worden waren, aber auch an seine spätere Entführung aus dem Seminar in Rochester/USA.)

Um aber zum Ausdruck zu bringen, daß man die theologische und rechtliche Begründung für die dem Papst zustehende Reservierung von Bischofsweihen teilte, weil nämlich die Besetzung von Bischofsstühlen ein Anliegen der Gesamt-Kirche darstellt, wurde zwischen den Bischöfen vereinbart, daß - als Äquivalent für das fehlende päpstliche Mandat - die folgenden, weiteren Bischofsweihen nur nach Absprache und mit der Zustimmung aller Bischöfe gespendet werden dürften. Bei der Vakanz des römischen Stuhles sollte so das Gremium der Bischöfe die Gesamtkirche repräsentieren. Einfache Priesterweihen blieben dagegen in die Verantwortlichkeit der einzelnen Bischöfe gestellt, weil die betreffenden Priester auch deren Autorität direkt unterstellt blieben.

So wurden die nachfolgenden Bischofsweihen von Fr. Musey, P. Vezelis, P. Martinez und P. Bravo erst nach Rücksprache mit S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc und mit seiner ausdrücklichen Zustimmung von Mgr. Carmona bzw. von Bischof Musey (unter Assistenz von Mgr. Carmona) gespendet. Entscheidend bei diesen Konsekrationen war, daß man den Wiederaufbau der kirchlichen Strukturen im Visier hatte, aber auch die Einheit wahren wollte. Dafür zeugen auch die Versuche der Bischöfe Vezelis und Musey, ihre bischöflichen Einflußsphären gegeneinander abzugrenzem, auch wenn dabei der Begriff der ordentlichen "Jurisdiktion" überstrapaziert wurde.

Diese Vorgehensweise, nämlich eine geplante Bischofsweihe vorher allen anderen Bischöfen mitzuteilen und deren Zustimmung einzuholen - als Äquivalent für das fehlende päpstliche Mandat -, wurde zuerst von Mgr. Guerard des Lauriers bei der Konsekration von H.H. Dr. Storck mißachtet, als er diesen sogar gegen die ausdrücklichen Vorbehalte von Mgr. Vezelis weihte. Mgr. Vezelis war eigens nach Etiolles bei Paris gereist, um Mgr. Guerard des Lauriers seine Bedenken vorzutragen.

Nach der Konsekration von H.H. Storck ließ sich Mgr. Guerard des Lauriers sogar auf den Hinweis einer älteren Dame dazu verleiten, P. McKenna zu konsekrieren, später dann auch den Ex-Econeisten Munari (ohne ihn sub conditione nachgeweiht zu haben), der inzwischen sowohl sein Bischofs- als auch Priesteramt vollständig aufgegeben hat. Auch vor der Konsekration von P. McKenna war er gewarnt worden.

Mit dieser Vorgehensweise hatte Mgr. Guerard des Lauriers die Weihe eines Bischofs nicht mehr als Entscheidung der Gesamt-Kirche - repräsentiert vom Gremium der Bischöfe - angesehen, sondern sie zu seiner eigenen Angelegenheit gemacht, d.h. er hat sie in die Entscheidung eines Einzelbischofs gestellt.

Man kann natürlich dem Provisorium der Repräsentanz des Gremiums der Bischöfe als Äquivalent für das fehlende päpstliche Mandat keine rechtlich verbindliche Dignität zumessen. Trotzdem werde ich keinen Moment zögern, ein solche Einstellung und ein solches Verhalten - analog zu der Auffassung des CIC, daß Bischofsweihen dem Papst vorbehalten sind -  zumindet als latent schismatisch einzustufen (für den Fall, daß nur persönliche Interessen bei Mgr. Guerard des Lauriers vorlagen - dafür gibt es berechtigte Annahmen -, sogar als sektiererisch); denn hier wurde bewußt das Prinzip der Einheit verletzt.

Wenn man einmal die Aktionen dieser Zeit, z.B. die Bischofsweihen, durch die eigentlich die apostolische Sukzession gesichert werden sollte, oder die Declaratio von S.E. Mgr. Ngô-dinh-Thuc, durch die eine klare Trennlinie zur sog. 'Konzils-Kirche' gezogen wurde, also Aktionen, die eigentlich zu einem Wendepunkt in unserem Kirchenkampf hätte führen sollen und können, Revue passieren läßt, kann man nicht umhin festzustellen, daß durch die Sonderwege von Mgr. Guerard des Lauriers die Einheit unter den Bischöfen verloren ging und die Durchschlagskraft unseres Kirchenkampfes so einen beträchtlichen Schaden erlitten hat. Mit seiner Theorie vom "Papa materialiter, non formaliter" hatte G. des Lauriers einen weiteren Streit künstlich entfacht 4). Und ohne Zusammenhalt ging auch die Autorität verloren, d.h. sie wurde partialisiert. Hier müßte man ansetzen, um die Einheit wieder zu kitten.

Für den Widerstand beschämend genug, war es in der Folgezeit so, daß die Bischöfe, an deren Weihegültigkeit keine Zweifel bestehen, wiederum ohne Konsultation und Absprache mit den anderen Bischöfen Kandidaten konsekrierten, die sich durch theologische Ignoranz und moralische Defizienz auszeichneten - einigen legte man nahe, sich hinter "schwedische Gardinen" zurückzuziehen. Diese wurden dann dem staunenden Volk der Gläubigen als sog. Thuc-Bischöfe, als Widerstands-Bischöfe präsentiert. In Wirklichkeit waren und sind sie nur katholisierende Sektierer. Durch diese Art der Sukzession, indem jeder Bischof einen Kandidaten seiner Wahl weiht, ohne auf die objektiven Belange des Wiederaufbaus der Kirche zu schauen, hat sich ein durchziehendes, inneres 'Schisma' entwickelt und dadurch den Wiederaufbau fast zum Stillstand gebracht. 5) Wenn man sich diese kritische Sichtweise zu eigen macht und einmal auf die Liste der geweihten Bischöfe schaut, wird man feststellen, daß man nur sehr wenige als Bischöfe der kath. Kirche ansehen kann.

Als besonders krasses Beispiel eines solch inneren schismatischen, aber auch sektiererischen Verhal-tens hat Bischof Dr. Lopez-Gaston mit den Weihen, die er empfangen bzw. erteilt hat, gegeben. 6) Neben dem bloßen Problem der sakramentalen Gültigkeit, die man ohne weiteres auch jedem wirklichen Schismatiker, aber auch vielen - längst nicht allen - Sektierern konzidieren kann, hat er völlig übersehen, daß wegen der Mißachtung der Erlaubtheit die kirchliche Relevanz einer solchen Weihehandlung verneint wird.

Schlimmer noch als dieser 'schismatische' Sprengstoff war und ist das Sektierertum, welches durch den Ehrgeiz und die Eitelkeit verschiedener Kleriker in den Widerstand hineingetragen wurde, Kleriker, die sich aus Geltungsbedürfnis von irgendeinem, sog. "Thuc-Bischof" konsekrieren ließen. Dabei war es diesen Herren egal, ob ihre Konsekratoren wirkliche Bischöfe oder nur solche in Anführungszeichen oder nur angemaßte aus der Vagantenszene waren. Etliche erhielten noch Schützenhilfe durch die Vertreter der Theorie von der sog. "äußeren Intention". Diesen Bischöfen (oder 'Bischöfen') geht es in der Hauptsache darum, eine Mitra zu tragen, die sie 'berechtigt', bei den naiven Gläubigen Geld zu sammeln. Einen besonders krassen Fall stellt der sog. Bischof Roux dar, der sein Weihezeugnis gefälscht hatte, in dem er testierte, zu einem Zeitpunkt von Mgr. Ngô-dinh-Thuc geweiht worden zu sein, zu dem sich dieser nachweislich bei uns in München aufgehalten hat. (Nach eine Weihe "sub conditionale" [sic!] 'wirkt' er seitdem in Frankreich, wo er sich einen Namen als "Mgr. Tartuffe" gemacht hat.) 7) Zu einem kriminellen Fall hat sich der sog. 'Bischof' Franck entwickelt, der den deutschen Gläubigen zunächst als der Widerstandsbischof präsentiert werden sollte, wobei sich nebenbei herausstellte, daß von Gültigkeit seiner 'Weihen' keine Rede sein kann. (Inzwischen sitzt er wegen Kinderschänderei in Belgien im Gefängnis.) Dieses Sektierertum bzw. Vagantentum hat sich unter dem Vorwand der Verteidigung des wahren Glaubens wie ein Krebsgeschwür in den wirklichen Widerstand hineingefressen. Ich bin immer wieder erstaunt zu sehen, wie diese Sektierer als Gralshüter geradezu verehrt werden.

Die Turbulenzen im Lager der Sedisvakantisten werden aber zusätzlich noch von einer Gruppe von Klerikern entfacht, welche z.B. Econe auf Grund der Einsicht verlassen haben, daß man einen Häretiker nicht als Autorität anerkennen kann. Doch diesem konsequenten folgt meist der zweite, weniger konsequente Schritt. Anstatt sich um Aufnahme in den Kreis ihrer sedisvakantistischen Konfratres zu bemühen - das Problem ihrer Weihe kann hier zunächst zurückgestellt werden -, beginnen sie als Einzelgänger damit, eine katholisierende, meist wenig informierte Schar von verirrten Schäflein um sich zu sammeln. Um bereits bestehende kirchliche Strukturen kümmern sie sich herzlich wenig. Zu einer Kooperation sind sie in den seltensten Fällen bereit. Dieses Verhalten dokumentiert, daß es sich auch bei dieser Gruppe um katholisierende Sektierer handelt.

Ich lasse mir gerne den Vorwurf gefallen, ich würde zu radikal urteilen. All diese Kritiker bitte ich nur, einmal folgendes Gedankenexperiment durchzuspielen: Nehmen wir einmal an, es wäre in der Tat gelungen, wieder eine legitime Autorität, d.h. einen gültig gewählten Papst zu installieren. Wer von all den 'selbständigen', 'unabhängigen' Klerikern, die so vollmundig ihre kirchliche Gesinnung verkünden, die von sich behaupten, nur das zu predigen, was Lehre der Kirche sei, wäre bereit, sich diesem Papst zu unterwerfen?! Wäre es nicht vielmehr so, daß all diese Herren nach Ausflüchten suchen würden, um ihre 'Unabhängigkeit' beizubehalten, sprich: ihr Sektierertum ungestört weiterzuführen?

Diese Fehleinstellungen (inneres 'Schisma', Sektierertum, Vagantentum - sog. 'Unabhängigkeit') und die daraus resultierenden Verhaltensweisen haben dazu geführt, daß es zwar eine ganze Reihe von Bischöfen gibt, aber keine Autorität, daß sich zwar vielerlei Gruppen, aber keine Gemeinden und auch keine kirchliche Einheit gebildet haben. Die Aktivitäten bisher mußten und müssen erfolglos bleiben, weil darauf kein wahrer Segen liegen kann. Die Idee von der Kirche als geistiger Gesamtorganismus, wie Pius XII. sagt: "mystischer Leib", in dem die Glieder untereinander verbunden sind, ging dabei verloren. Und ich erlaube mir die kritische Anmerkung, daß ich zur Zeit nicht sehe, wo einer der Bischöfe aus Sorge um das Gesamtwohl der Kirche handelt.

Wohlgemerkt, es geht mir nur darum zu zeigen, was aus Sicht konsequenter Sedisvakantisten zu tun wäre, um die kirchlichen Strukturen wieder aufzubauen, die den Aufbau von Gemeinden und kirchlichen Großverbänden, ebenso die Wahl eines Papstes mit einschließen würde, auch wenn man noch nicht wüßte, wie eine solche Wahl aussehen bzw. durchzuführen sei. 8)

Eine Besserung dieses mehrfach zerissenen kirchlichen Zustandes ist nur dadurch erreichbar, daß ein Umdenken beginnt. Es ist schon viel gewonnen, wenn jeder Kleriker beginnt, sich ernsthaft die Frage zu stellen, wie er sein konkretes pastorales Handeln im Hinblick auf die gesamtkirchliche Problematik begründen und rechtfertigen kann (allerdings nicht mit dem Argument, "die Gläubigen benötigen Sakramente" - die Frage, was die Gläubigen 'brauchen', kann nur im Zusammenhang mit der Klärung der kirchlichen Problematik beantwortet werden), um so zumindest die theologische und mentale Voraussetzung für ein verantwortbares Handeln zu schaffen, welches eine fruchtbare Kooperation mit den anderen Priestern und Bischöfen einschließen müßte. Wie das Resultat einer solchen Reflexion aussehen könnte, haben wir versucht aufzuzeigen. Es wäre für den Anfang schon viel gewonnen, wenn sich die betreffenden Kleriker klar darüber wären, daß sie nicht alles tun dürfen, was sie können. d.h. wenn sie einsehen würden, daß sie ihre geistlichen Vollmachten nicht aus eigener Machtvollkommenheit, sondern nur im Auftrag der Kirche - als von dieser beauftragt -ausüben dürften, wenn sie sich als per Mandat ausgestattete Amtsträger betrachten würden. Ein wesentliches Zwischenziel wäre die Einsicht, daß sie in einem gewissen Dilemma stecken würden, welches darin besteht, daß sie nur im Auftrag der Kirche, per Mandatum der Autorität handeln dürften 9), daß aber dieser Kirche heute die beauftragende Autorität fehlt. Ohne diese Rückbindung an die Kirche stellt nämlich jede Amtshandlung einen mit dem Stempel des Schismas (oder des Sektierertums) versehenen Akt dar. Damit erhebt sich die Frage nach der verlorenen Autorität und der Einheit wieder. Dem Dilemma von priesterlichem Auftrag einerseits und fehlender Autorität andererseits haben wir versucht, in der neuen "Erklärung" aufzuzeigen. Hinsichtlich des priesterlichen Auftrags muß festgestellt werden: "Einerseits fehlt derzeit die zur Erfüllung dieser Aufgaben nötige kirchliche Jurisdiktion, da die Hierarchie abgefallen ist, andererseits ist die Erfüllung dieser Aufgaben die notwendige Voraussetzung der Wiederherstellung eben dieser kirchlichen Autorität. Die Wiederherstellung der kirchlichen Autorität ist aber vom Heilswillen Christi her gefordert. Das Dilemma kann m.E. nur gelöst werden, indem sämtliche bisherigen Aktivitäten nur unter Vorbehalt einer späteren, endgültigen Legitimierung durch die wiederhergestellte Hierarchie stehen. Somit läßt sich z.B. die Meßzelebration und die Spendung der Sakramente einstweilen nur dadurch rechtfertigen, daß sie unter dem Aspekt der Gesamtrestitution der Kirche als Heilsinstitution stehen und sich der späteren Beurteilung durch die wiederhergestellte, legitime Autorität unterwerfen. Spendung und Empfang der Sakramente (einschl. Zelebration und Besuch der hl. Messe) wären somit unerlaubt, wenn sie ohne Bezug auf diese einzig mögliche Rechtfertigung vollzogen würden, unbeschadet ihrer sakramentalen Gültigkeit."

Anmerkungen:

1) Nach Kanon 954 muß der Konsekrator bei der Weihe noch zwei weitere Bischöfe als Assistenten einsetzen, die als Co-Konsekratoren (und nicht bloß als Zeugen) tätig sind, d.h. sie müssen im wesentlichen all jene Weihehandlungen mitvollziehen, die auch der eigentliche Konsekrator ausführt. (Vgl. dazu auch die Konstitution "Episcopalis consecrationis" Pius' XII. vom 30.11.1944 - AAS, XXXVII, p. 131-132.)
2) Vgl. CIC, Kanon 2370 a): "Wenn ein Bischof jemandem die Bischofsweihe erteilt, ohne hierzu den in Kan. 953 erwähnten päpstlichen Auftrag erhalten zu haben, ist er ohne weiteres so lange suspen-diert, bis der Apostolische Stuhl von dieser Strafe dispensiert."
3) Vgl. u.a. den "Offenen Brief von Mgr. Carmona an Bischof Cortés" EINSICHT XII/3 vom Okt. 1982; "Ein Brief von Bischof Carmona" XII/4 vom Dez. 1982; Heller, Eberhard: "Einige Anmerkungen zu den von Mgr. Ngô-dinh-Thuc und Mgr. Carmona gespendeten Bischofsweihen" XII/3 vom Okt. 1982, S.101 ff.; "Wo stehen wir?" XII/6 vom März 1983.
4) Diese These, die ihr Urheber kurz vor seinem Tode, wenn nicht revidiert, so doch stark relativiert hat, spukt heute noch in den Köpfen der Leute von Verrua Savoia/Italien, u.a. in dem von Abbé Ricossa, weiter.
5) Eine gewisse Ausnahme stellt Mgr. Pivarunas dar, der zumindest die Absicht, Abbé Dolan und später P. Dávila zu Bischöfen zu weihen, öffentlich vorgestellt hat und über die Kandidaten diskutieren ließ.
6) Erst ausführliche Recherchen von Herrn Jerrentrup haben ergeben, daß es an der Gültigkeit der Weihen keine Zweifel gibt, wiewohl er seine bischöfliche Sukzession auf eindeutigen Sektierern aufbaut.
7) Seine Eskapaden kann man im Internet verfolgen, wo über seine Aktionen genau Buch geführt wird.
8) Im Gegensatz zu den (konsequenten) Sedisvakantisten bewegen sich die Econer in einem nicht aufhebbaren Widerspruch. Sieht man einmal von gewissen Fehlpositionen und fehlenden Untersuchungen im sakramental-theologischen Bereich ab, so sehen sie zwar einerseits die Notwendigkeit der beauftragenden Autorität. Deswegen anerkennen sie z.B. Johannes Paul II. als Papst, verweigern ihm aber den konkreten Gehorsam, weil sie dessen Anordnungen angeblich nicht gehorchen können. Die Vorstellung von einem Papst (d.i. der obersten Autorität), dem man nicht gehorchen brauche, erfüllt den Tatbestand der Häresie. Um diese 'Häresie' zu überwinden, wollen die Herren Schmidberger und Aulangnier ihrem Papst demnächst sagen, was er ihnen befehlen darf/soll, damit sie ihm gehorchen können ... bei weitem die 'eleganteste' Lösung!
9) Die Debatte um das "una cum" im "Te igitur" des Kanons, wonach die Messe im Auftrag und in Einheit mit der Autorität gelesen werden darf - vgl. den Beitrag von P. Guérard des Lauriers "Christus novum instituit Pascha..." in EINSICHT X/3 vom Sept. 1980 -, sollte doch das Problembewußtsein längst geschärft haben.
 
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